SPAC-Party oder Wahnsinn?

Eine Einschätzung des aktuellen SPAC-Hypes am Beispiel von CHURCHILL CAPITAL CORP IV und dem potentiellen Übernahmekandidaten LUCID MOTORS
Lesedauer: ca. 8 Minuten
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Letzter Stand: 5. November 2021
Elektroauto Hersteller Lucid Air Front
Inhaltsverzeichnis

SPAC-Turbo befeuert Kapitalmarktrally

Aktienmarkt im Rallymodus und SPACs als neuer Trend

Gegenwärtig sprechen viele Kapitalmarktexperten von einer notwendigen Korrektur. Manche sprechen sogar von einem bevorstehenden Crash an den Märkten (z.B. Jim Rogers). Währenddessen steigt der Aktienmarkt immer weiter. Insbesondere die jüngsten explosionsartigen Kursanstiege bei den US-amerikanischen börsengelisteten Zweckgesellschaften bzw. Special-Purpose Acquisition Companies (SPACs) oder auch Blankoscheck-Unternehmen heizen diese Diskussion weiter an.

Enorme medial wirksame Kursanstiege bei SPACs nach gemeldeten Deals

Die enormen Kursanstiege kommen unmittelbar nach einer erfolgten Ankündigung von einem Deal mit einem vielversprechenden Start-up zustande. Die Finanzvehikel rücken damit auch vermehrt in den Fokus der breiten Öffentlichkeit. Die plötzliche Aufregung über die Flut von Startups, die über SPACs an die Börse drängen, ist groß. Dabei beteiligen sich nicht nur große Finanzakteure, wie etwa Hedge-Fonds, sondern zunehmend auch Privatinvestoren. Frühzeitig Investierten winken dabei potentiell hohe Kursgewinne, wie auch das US-amerikanische Wallstreet Journal in einem Artikel zu SPACs feststellt. Wenn Du derzeit beispielsweise nach dem Thema „SPAC“ bei Google Trends suchst, wirst Du einen rasanten Interessenzuwachs in den letzten Monaten feststellen.

Google Trends Thema SPAC
Datenquelle: Google Trends

Lucid Motors, ein eng verwandtes Suchthema

Schaut man derzeit weiter noch auf die mit dem SPAC-Thema verwandten und viel gesuchten Stichwörter bei Google Trends, wird man unweigerlich auf Lucid Motors stoßen. Lucid Motors ist ein kalifornisches Elektroauto-Startup. Es wird von mehreren US-Medien, darunter auch „The Motley Fool“, bereits als das „nächste Tesla“ oder zumindest als eine Alternative zum Elektroautoprimus bezeichnet. Dieser derzeit stark positive Newsflow sowie die aktuelle Stimmung auf diversen sozialen Medien (siehe hierzu auch diverse YouTube Videos zu Lucid Motors) rund um einen kurz bevorstehenden Börsengang erklären auch den aktuellen Hype. Damit verbunden ist der explosionsartige Kursanstieg des potentiellen SPAC, auf den ich unten weiter eingehen werde.

Google Trends Thema SPACs und Lucid Motors
Datenquelle: Google Trends

Ich werfe in diesem Beitrag einen Blick auf die generelle Funktionsweise von SPACs und die aktuelle Marktsituation am Beispiel von Gerüchten rund um die SPAC „Churchill Capital Corp IV“ (im Folgenden nur kurz CCIV) und dem potentiellen Fusions- bzw. Übernahmeziel Lucid Motors.

Funktionsweise von SPACs

SPACs als Kapitalhüllen ohne eigenes operatives Geschäft

SPACs sind erst einmal nur börsengelistete Kapitalhüllen. Das heißt, dass diese Kapitalhüllen kein eigenes operatives Geschäft betreiben. Stattdessen werden sie mit Bankguthaben ausgestattet, um damit auf die Suche nach einem potentiellen Fusionskandidaten bzw. Akquisitionsziel zu gehen.

Abgrenzung der SPACs vom klassischen Börsengang

Durch diese Vorgehensweise, können umfangreiche Offenlegungen, die normalerweise während eines klassischen Börsengangs notwendig wären, vermieden werden. Mit einem klassischen Börsengang ist hier der Initial Public Offering (IPO) Prozess gemeint, bei dem normalerweise ein Unternehmen mit eigenem operativen Geschäft erstmalig Aktien ausgibt (auf diesen Prozess kommen wir vielleicht nochmal in einem anderen Artikel zu sprechen). SPACs suchen bei einem Börsengang Risikoanalysten (Underwriter) und institutionelle Investoren, bevor sie der Öffentlichkeit und damit auch Privatinvestoren Aktien anbieten. Das bedeutet aber auch, dass SPAC-Investoren bei Einstieg in diese Aktien keine Ahnung haben, in welches Unternehmen sie letztendlich investieren werden. Böse Zungen könnten auch behaupten, dass man ein börsengelistetes Rubbellos kauft.

Was passiert mit dem Kapital der SPAC?

Das Kapital, das SPACs bei einem Börsengang sammeln, wird danach auf ein verzinsliches Treuhandkonto überwiesen. Diese Mittel können nur ausgezahlt werden, um eine Fusion oder Akquisition abzuschließen und sind damit zweckgebunden (special-purpose). Nach einem erfolgreichen Deal werden SPACs normalerweise unter dem Namen des fusionierten oder akquirierten Unternehmens an einer der wichtigsten Börsen notiert. Nach dem Deal hat das gemeinsam notierte Unternehmen dann auch den Zugriff auf das Treuhandguthaben.

Begrenzter Zeithorizont für einen Deal und Liquidation der SPAC

SPACs haben dabei in der Regel zwei Jahre Zeit, um einen Deal abzuschließen oder müssen sich sonst einer Liquidation stellen. In einigen Fällen kann ein Teil der aus dem Treuhandkonto erzielten Zinsen als Betriebskapital der SPACs verwendet werden. Das maximale Risiko für Investoren ist auf den Liquidationswert der SPACs (Bankguthaben auf einem Treuhandkonto) begrenzt. Wenn eine Liquidation erfolgt, erhalten die Investoren zum Zeitpunkt der Liquidation einen entsprechenden Teil vom Liquidationswert im Verhältnis ihrer Anteile als Auszahlung. Hier hilft zum besseren Verständnis auch ein Blick in die aktuelle Bilanz von der SPAC CCIV:

CHURCHILL CAPITAL CORP IV Bilanz zum 30. September 2020
Quelle: SEC

Lucid Motors und die SPAC „CCIV“

Erste Gerüchte durch Bloomberg-Artikel Mitte Januar

Erstmalig kam das Gerücht rund um einen möglichen Deal zwischen CCIV und Lucid Motors durch einen Bloomberg Artikel Mitte Januar auf. In dem Artikel werden viele Verknüpfungen zwischen verantwortlichen Schlüsselpersonen oder sich Nahestehenden von CCIV und Lucid Motors offengelegt. Jedenfalls sind durch diesen Artikel erstmalig auch viele Privatinvestoren und damit die breite Öffentlichkeit auf Lucid Motors und CCIV aufmerksam geworden.

Lucid Motors, ein potentieller Herausforderer von Tesla

Lucid Motors wird als aufgehender Stern am „Stromerhimmel“, in einer ohnehin schon gehypten E-Auto-Branche, gehandelt. Gegründet wurde das Unternehmen bereits 2007. Damals noch unter dem Namen Atieva. Viele Mitarbeiter von Lucid Motors, darunter auch der aktuelle CTO und CEO Peter Rawlinson, haben zuvor bereits bei Tesla gearbeitet. Als brisant einzustufen ist, dass ausgerechnet Peter Rawlinson für seine Arbeit als Chefingenieur am Tesla Model S bekannt ist. Dieser Fakt allein sorgt schon für eine sehr interessante Konkurrenzsituation zwischen Lucid Motors und Tesla mit seinem CEO Elon Musk.

Wichtiger Ankerinvestor aus Saudi-Arabien

Der wichtigste Ankerinvestor ist der Öffentliche Investmentfonds von Saudi-Arabien. Dieser investierte 2018 über ein Milliarde US-Dollar in Lucid Motors. Damit lässt sich auch ein Gerücht erklären, nachdem der Investmentfonds von Lucid Motors angeblich erwartet, dass auch ein Werk in Saudi-Arabien errichtet wird damit ein möglicher SPAC-Deal genehmigt wird.

Flaggschiff „Lucid Air“ und Produktionskapazitäten

Noch dieses Jahr im Frühling möchte Lucid Motors sein neues Flaggschiff, den Lucid Air, auf den Markt bringen. Dafür wurde in Rekordzeit ein Werk im US-amerikanische Arizona errichtet. Zunächst wird in der ersten Stufe mit einer Produktionskapazität von 34.000 Einheiten geplant. Darüber hinaus soll die Produktionskapazität auf bis zu 400.000 Einheiten pro Jahr ausgebaut werden. Im folgenden Video siehst Du den Lucid Air. Die technischen Daten findest Du relativ schnell, wenn Du nach dem Lucid Air suchst. Es fällt hier besonders auf, dass immer wieder mit Tesla verglichen wird.

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Diversifikationsstrategie, Luxussegment und Konkurrenzsituation

Lucid Motors hat zudem noch ein Konzept für einen E-SUV vorgestellt und plant weitere kostengünstigere Automodelle für eine breitere Masse. Diese Diversifikationsstrategie, von Premium auf Volumen, kennen wir auch schon von Tesla. Somit dient der Lucid Air vor allem einem: Die Marke Lucid Motors neben Tesla im Stromer-Luxussegment zu platzieren. In einem Interview hat Peter Rawlinson auf die bisher begrenzte Konkurrenz in diesem Segment aufmerksam gemacht. Vergleichbare Autos im Verbrennersegment kommen dabei vor allem von europäischen Anbietern. Dadurch, dass man sich in verschiedenen Marktsegmenten befindet, sieht Peter Rawlinson derzeit also kaum Konkurrenz durch beispielsweise Daimler, BMW und Co.

Weitere Indizien und Gerüchte in sozialen Medien

Auf diversen Social Media Plattformen, insbesondere YouTube und Reddit, werden derzeit auch noch weitere „Indizien“ für einen baldigen SPAC-Deal zwischen CCIV und Lucid Motors diskutiert. Zu diesen Indizien zählen neben den zuvor genannten Verknüpfungen von Schlüsselpersonen beider Gesellschaften unter anderem eine Ausweitung von Börsennotizen des CCIV-SPAC, ein Unternehmensregistereintrag von Lucid Motors, der anstehende Super Bowl in Kombination mit einer angeblichen Werbeanzeige von Lucid Motors sowie der zeitlich nahestehende Merger-Monday (hat sich auch nicht bewahrheitet). Dieses Gerücht kam auf, da in der Vergangenheit Akquisitionen und Fusionen in der Regel am Montag verkündet wurden. Auch SPAC-Deals werden gerne am Montag vor- oder nachbörslich gemeldet.
Daher könnte es hier eine Verbindung geben, die aber keiner bestätigen
kann. Das für mich wichtigste Indiz ist die Ausschreibung für mehrere administrative Stellen im Bereich Investor Relations und SEC-Reporting. Diese Funktionen sind nur bei einer börsennotierten Gesellschaft notwendig.

CNBC Interview mit Peter Rawlinson und Frage zur SPAC CCIV

Für mich persönlich ist vor allem das letzte Interview von CNBC mit Peter Rawlinson bezeichnend, in dem er direkt danach gefragt wurde, ob er mit CCIV den Gang an die Börse wagt und ob es sogar bereits einen Deal gibt. Natürlich konnte er in diesem Interview nichts bestätigen oder ausräumen. Aber sein Grinsen ist schon lustig. Sieh es Dir selber an und sage mir, ob er ein guter Pokerspieler ist. 😉

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Das originale und ungeschnittene Interview scheint nicht mehr verfügbar zu sein. Zumindest konnte ich nichts mehr finden auf CNBC. Daher habe ich hier eine Sekundärquelle eingebunden. Das könnte ein weiteres Indiz für einen möglichen Deal sein, falls das Management von Lucid Motors darum gebeten hat, das Interview zu schneiden.

Bloomberg Terminal Status Update des SPACs CCIV (Update vom 12.02.2021)

Im Bloomberg Terminal, einer Platform für professionelle Finanzmarktdaten, wurde der Verhandlungsstatus von „in Verhandlung“ (Negotiation) auf „liegt vor“ (On the Block) angepasst. Darüber hinaus wurde die Zahlungsmethode von Aktien auf Cash geändert. Dieses Status-Update hat den Aktienkurs jetzt weiter steigen lassen. Auf den sozialen Medien gehen Viele von einer baldigen Nachricht eines Deals aus. Es bleibt spannend.

Kurszuwächse und Handelsvolumen machen CCIV zur meistdiskutierten SPAC

Schaust Du Dir die gegenwärtigen Kurszuwächse von CCIV und das Handelsvolumen im Vergleich zu anderen SPACs an, kannst Du nur ins Staunen geraten. Es scheint so, als wenn der Markt den Deal zwischen CCIV und Lucid Motors schon größtenteils eingepreist hat. Das bringt natürlich auch ein extremes Risiko mit sich, wenn wir die aktuelle Marktkapitalisierung von CCIV mit dem Liquidationswert (Treuhandvermögen) vergleichen. Es bleibt abzuwarten, was die nächsten Woche bringen. Fest steht: Timing, Kapitalbedarf und Markenbildung sprechen für einen zeitnahen Deal von Lucid Motors. Ob das letztendlich wirklich mit CCIV passiert, steht aber in den Sternen. Aber dahin scheint der Kurs aktuell zu laufen.

spacHero top SPACs
Quelle: spacHero.com

SPAC-Hype oder große Chance?

Einmalige Chance oder ein Zeichen für einen überhitzten Markt

Ich weise an dieser Stelle nochmal darauf hin: Es gibt bisher keine Bestätigung, dass sich Lucid Motors und CCIV geeinigt haben. Das heißt konkret, dass das derzeitige Premium (Aufschlag) zum Liquidationswert von CCIV rein auf einer Hoffnung basiert. Daher sprechen hier böse Zungen auch von einem klaren Indikator für eine Blase.

Einstiegszeitpunkt und Fallhöhe des SPAC-Investments

Wer hier früh eingestiegen ist, hat trotz aller Kritik diverser Kapitalmarktexperten bereits jetzt einen stattlichen Kursgewinn erzielt. Ich zähle mich auch zu den glücklichen frühzeitigen Investoren, die noch in den „Teens“ investiert haben. Daher ist mein persönliches Risiko begrenzt. Es würde mir jetzt aber schwer fallen, an dieser Stelle noch selber zu investieren, wenn ich an der Seitenlinie stehen würde. Aber das muss jeder selber für sich entscheiden. Meiner Meinung nach geht man ein hohes Risiko ein, wenn man jetzt noch in CCIV investiert. Bei einem Kurseinbruch kann man hier eventuell mit einer kleinen Position noch reinkommen. Man sollte sich den Risiken allerdings genau bewusst sein. Die SPAC kann auch wieder auf 10-12 US-Dollar fallen (Liquidationswert). Allerdings kann keiner sagen, wohin der Kurs geht, wenn der Deal tatsächlich bestätigt wird.

Wo Rauch ist, ist meist zumindest auch ein Strohfeuer

Ich persönlich muss an der Stelle zugeben, dass mich die vielen Indizien insgesamt darin bestärkt haben meinen Kursgewinn noch nicht zu realisieren und hier auf der Long-Seite zu bleiben. Timing, Kapitalbedarf und vor allem die notwendige Schnelligkeit bestärken mich darin, dass Lucid Motors den Schritt an die Börse über CCIV tatsächlich anstrebt. Wer will denn schon das „nächste Tesla“ verpassen? #nofomo 😉

  • Wie siehst Du das Gerücht rund um Lucid Motors und CCIV?
  • Wird der SPAC-Zug, wie ihn die FAZ kürzlich bezeichnet hat, jetzt auch nach Europa und damit Deutschland rasen?
  • Was hälst Du von der aktuellen Situation rund um den SPAC-Hype?
  • Stimmst Du mir zu, dass SPACs teilweise börsengelistete Rubbellose sind?

Schreibe Deine Meinung in die Kommentarsektion.

Update vom 09.04.2021:

Dear Deal ist inzwischen längst durch und CCIV (bald Lucid Motors) hat sich seitdem mehr als halbiert. In der Spitze waren wir bei rund 50 USD. Ich bin zwischenzeitlich kurz raus und habe mich jetzt wieder langfristig neu positioniert. Dennoch hat der Kursverfall durch den verkündeten PIPE-Deal (das Handelsblatt berichtete) gezeigt, wie risikobehaftet solche gehypten SPACs wirklich sind. Der Einstiegszeitpunkt hat hier darüber entschieden, wie hoch der Verlust bei einigen Privatinvestoren dann in der Folge ausfiel. Ich rate Dir daher generell davon ab auf solche Hype-Züge aufzusteigen, wenn sich schon eine deutliche Fahnenstange im Kursverlauf gebildet hat. Ich hatte hier nur etwas Timing-Glück. Es bleibt aber spannend, wie Lucid Motors sich entwickeln wird. Langfristig halte ich das Unternehmen noch immer für sehr interessant.

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1 Gedanke zu „SPAC-Party oder Wahnsinn?“

  1. Sehr interessanter Beitrag. Ich denke, dass SPACs klassische IPOs ablösen werden. CCIV werde ich mir mal auf die Watchlist legen. Die Fallhöhe ist aktuell schon sehr hoch. Man merkt in deinem Beitrag, dass du selber investiert bist. Der Teil zu Lucid wirkt schon etwas wie aus einem Hochglanzprospekt. 😀 no Front

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