Was ist finanzielle Unabhängigkeit?
Finanzielle Unabhängigkeit (engl. financial independence; siehe auch FIRE-Bewegung in den USA) beschreibt einen Status in Deinem Leben, durch den Du in der Lage bist aus passiven Erträgen des eigenen Vermögens leben zu können ohne dabei in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen zu müssen (meist einen Job zu haben). Passive Einkünfte können etwa Ausschüttungen, Dividenden, Zinsen und Mieten sein. Kurz gesagt: Es geht darum Deine Lebenshaltungskosten zu decken, ohne dafür arbeiten zu müssen. Mit einem Abhängigkeitsverhältnis meinen wir hier in der Regel Angestelltenverhältnisse (Du schuldest Zeit und wirst dafür vergütet). Dazu zählen aber auch Arbeitslosenhilfe des Arbeitsamtes, Geld Deiner Eltern oder andere Verhältnisse, die dich in irgendeiner Form abhängig machen. Bis zur Erreichung des beschriebenen Status bleibt finanzielle Unabhängigkeit somit lediglich ein Lebensziel.
Wer kann finanziell unabhängig werden?
Aus dem Bauch heraus würden viele Menschen vermutlich behaupten, dass diese Tür nur Unternehmern oder Millionenerben offensteht. Das stimmt aber nicht. Theoretisch kann jeder Mensch finanziell unabhängig werden. Daher solltest Du auch unbedingt weiterlesen und überlegen, ob Du dieses Ziel nicht auch verfolgen könntest.
Welche Faktoren beeinflussen finanzielle Unabhängigkeit?
Zunächst müssen wir festhalten, dass ein persönliches messbares Vermögensziel festgelegt werden muss, damit die Zielerreichung überhaupt überprüft werden kann. Dieses Ansparziel ist dabei abhängig von Deinem eigenen Lebensstandard (oder Haushaltslebensstandard bei Partnerschaft oder Familie) und dem Zeitpunkt, wann Du nicht mehr arbeiten müssen willst. Jemand, der eher im Luxus lebt und entsprechend hohe Ausgaben hat, wird viel mehr Vermögen benötigen, um diesen Standard auch für den Rest seines Lebens erhalten zu können. Um dieses Vermögen anzusparen benötigt dieser luxusliebende Mensch vermutlich mehr Zeit oder muss deutlich mehr verdienen und eine weit überdurchschnittliche Rendite mit seinen Investments erzielen. Damit können wir festhalten, dass die Schwelle der finanziellen Unabhängigkeit hauptsächlich von
- Anlagehorizont (Ansparzeit) oder dem geplanten Zeitpunkt des Ruhestands,
- Lebensstandard (Lebenshaltungskosten),
- Verdienst oder Einkommen und
- Rendite der zur Erzielung von finanzieller Unabhängigkeit zwingend notwendigen Investments abhängt.
Damit Du hier etwas mit den verschiedenen Faktoren rumspielen kannst, um einen besseren Eindruck von den Einflussfaktoren zu erhalten, kannst Du hier unseren eigenen Rechner für finanzielle Unabhängigkeit verwenden.
Wie unterscheidet sich finanzielle Unabhängigkeit von finanzieller Freiheit?
Finanzielle Unabhängigkeit ist etwas weniger ambitioniert und damit ein Meilenstein auf dem Weg zur finanziellen Freiheit. Menschen, die sich das Ziel setzen finanziell frei zu werden, wollen mehr als nur ihren Job kündigen können ohne Abstriche bei ihrem bisherigen Lebensstandard zu machen. Vielmehr geht es darum, dass man sich darüber hinaus einen gewissen Luxus gönnen kann. Dieser Luxus kann dabei ganz unterschiedliche Ausmaße annehmen. Vom größeren Eigenheim, über einen Sportwagen, bis hin zur Yacht mit Villa am See ist da alles denkbar. Bei der Definition der finanziellen Freiheit gibt es somit eine größere Grauzone. Diese Grauzone ist auch der Grund dafür, dass die finanzielle Freiheit oft mit der finanziellen Unabhängigkeit gleichgesetzt oder verwechselt wird. Dies ist also ein häufiger Fehler. Daher lohnt es sich für Dich auch die genaue Abgrenzung zu kennen.
Motivation hinter finanzieller Unabhängigkeit: Warum sie erstrebenswert ist
Im Folgenden gehen wir darauf ein, warum das Ziel der finanziellen Unabhängigkeit so erstrebenswert ist. Wir wollen Dir damit auch ein Stück unserer eigenen Motivation hinter diesem Finanzblog näherbringen.
Lebenstraum vom Exit aus dem Alltag zum messbaren Ziel machen
Der Lebenstraum vom frühzeitigen Ruhestand und dem Exit aus dem Alltag ist für viele Menschen Fiktion – das glauben sie zumindest. Damit die finanzielle Unabhängigkeit kein unerreichbarer Traum bleibt, musst Du Dir diesen Traum zunächst greifbarer machen. Damit verwandelst Du diesen Traum in ein messbares Ziel. Messbare Ziele sind eben keine Fiktion – solang sie realistisch sind. Daher geht es in diesem Beitrag auch darum, wie du finanziell unabhängig und nicht unbedingt finanziell frei wirst. Der Unterschied ist hier, dass finanzielle Unabhängigkeit ein sehr realistisches Ziel für viele Menschen sein kann. Finanzielle Freiheit hingegen bewegt sich in einer Grauzone und ist damit schwerer messbar.
Den Weg zur finanziellen Unabhängigkeit als Persönlichkeitsentwicklung begreifen
Weiterhin ist der Weg zur finanziellen Unabhängigkeit das eigentliche Ziel. Um Dein Ziel zu erreichen, wirst Du Dich nicht nur viel tiefer mit finanzieller Bildung auseinandersetzen, sondern dadurch auch auf Menschen stoßen, die womöglich ähnliche Ziele haben. Zudem steht dabei auch Selbstreflektion von bisherigem Konsumverhalten im Fokus. Diese Meilensteine auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit, werden Dich beeinflussen und können Deine Sicht auf viele Dinge und Verhaltensweisen deutlich ändern.
Meinungsstärker und selbstsicher durch finanzielle Unabhängigkeit (Fuck-You-Money)
Kennst Du notorische „Ja-Sager“? Vielen Menschen fällt es schwer „Nein“ zu sagen, insbesondere zu ihrem Chef. Man könnte ja in der Gunst des Vorgesetzten fallen oder sogar bei der nächsten Restrukturierung wegrationalisiert werden. Aber gerade in der heutigen Zeit benötigt es doch eher Menschen mit starkem Charakter, die ihrem Chef auch mal ein ehrliches Feedback geben können. Zumindest würden wir das als Vorgesetzte erwarten. Wenn du bereits finanziell unabhängig bist, wird es Dir dabei viel leichter fallen Deine Meinung zu sagen und auch Deinem Chef ein ehrliches Feedback zu geben (Feedback ist hier sehr nett ausgedrückt). Außerdem wird es Dir viel leichter fallen Risiken im Leben einzugehen, da Dir stets Deine geringe finanzielle Fallhöhe bewusst sein wird. Das fühlt sich nicht nur gut an, sondern kann beispielsweise auch bedeuten, dass Du Dich selbständig machst oder sogar ein Unternehmen gründest. Dieses optimistische Mindset und Lebensgefühl durch finanzielle Unabhängigkeit ist im angloamerikanischen Raum auch als „Fuck-You-Money“ bekannt.
Der folgende Cut aus dem Film „The Gambler“ (2014) beschreibt Fuck-You-Money gut:
„Das Leben eines klugen Mannes [oder einer klugen Frau] beruht auf F*** You.“
Finanzielle Unabhängigkeit als Katalysator für Selbstverwirklichung
Alles in allem wird das Ziel der finanziellen Unabhängigkeit damit auch zum Katalysator der Selbstverwirklichung. Aus meiner Sicht kann man sich als Mensch nur wirklich selber verwirklichen, wenn man keine finanziellen Ängste hat oder zumindest die Fallhöhe stark begrenzt ist. Ein Beispiel: Stellen wir uns jemanden vor, der durch ein Eigenheim hoch verschuldet ist und Alleinverdiener einer Familie ist. Glaubst Du, dass dieser Mensch das Risiko eingeht seinen Job zu kündigen, um dann seiner wahren Passion mit geringerem Einkommen nachzugehen? Wohl kaum. Dieser Effekt lässt sich auch in einer auf finanzieller Unabhängigkeit angewendeten Bedürfnispyramide nach Maslow gut darstellen:
Meilensteine auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit
Wie wirst Du jetzt also finanziell unabhängig? Wie startest Du am besten? Wir sehen hier fünf Meilensteine auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit, die wir Dir im Folgenden erklären.
Finanzielle Bildung als Fundament finanzieller Unabhängigkeit
Das Fundament der finanziellen Unabhängigkeit ist finanzielle Bildung. Wenn Du bis hierhin gelesen hast, Glückwunsch! Du bist damit zumindest schon mal auf einem guten Weg. Das Interesse scheint zu stimmen, sonst hättest du vorher bereits abgebrochen. Finanzielle Bildung kommt in unserem Schulsystem bisher leider viel zu kurz, da wir lieber Gedichte analysieren (No front an alle kulturellen Menschen unter uns) als uns mit Grundlagen der BWL, VWL oder einer Börsen-AG zu beschäftigen. Dies ist auch ein Grund, warum dieser Finanzblog überhaupt existiert. Ergänzend zu unserem Finanzblog solltest Du auch gute Bücher zu den wichtigen persönlichen Finanzthemen lesen. Eine Auswahl unserer besten Blogbeiträge findest Du dabei in der rechten Seitenleiste neben dem Artikel.
Einkommen aufbauen und in das eigene Humankapital investieren
Am Anfang der Karriere steht neben der schulischen und finanziellen Bildung vor allem Deine berufliche Aus- und Weiterbildung im Fokus. Insbesondere ein frühzeitiges Investment in Dein Humankapital wird Dir die aller höchsten Zinsen auf Deine eingesetzte Zeit abwerfen. Der Return-on-Investment ist hier in der Regel immer am höchsten – und das ohne Risiko. Daher solltest Du zu Beginn Deiner Karriere auch in Dich und Deine Ausbildung investieren. Im Zweifel also lieber den höheren Gehaltscheck ablehnen und dafür ein höherwertiges Studium oder eine andere Weiterbildung anstreben. Durch Deinen damit gesteigerten Wert für den (Arbeits-)Markt (ob als Angestellter, Selbstständiger oder Unternehmer) und den als Hebel wirkenden Anlagehorizont (Zeitzins), wirst Du nachhaltig Dein Einkommen steigern können. Dies kann in Zukunft teilweise sehr große Einflüsse auf Dein Einkommen und Deine korrespondierende Sparquote haben:
Ein frühzeitiges Investment in Dein Humankapital schüttet daher auch die höchste und sicherste Dividende aus. Zum Thema Humankapital bieten wir Dir auch die Möglichkeit Dein persönliches Humankapital berechnen zu können.
Haushaltsbuch führen und Konsumverhalten anpassen
Ein Haushaltsbuch sollte man so früh wie möglich beginnen zu führen. Am besten mit Auszug aus dem Elternhaus. Mit Haushaltsbuchführung lassen sich zum einen Deine fixen Ausgaben und Lebenshaltungskosten überwachen. Diese Überwachung ist notwendig, da Deine Lebenshaltungskosten ein wichtiger Faktor bei der Berechnung der finanziellen Unabhängigkeit sind. Zum anderen kannst Du durch ein Haushaltsbuch fortlaufend Dein Konsumverhalten überwachen und steuern. Unnötige Konsumausgaben gilt es unbedingt zu vermeiden, wenn Du schnell finanziell unabhängig werden willst. Zum Thema Haushaltsbuchführung haben wir auch einen eigenen Blogbeitrag erstellt, den wir Dir an dieser Stelle empfehlen möchten.
Notgroschen und Rücklagen als Puffer für ungeplante finanzielle Engpässe
Als Notgroschen verstehen wir finanzielle Rücklagen, mit denen Du in der Lage bist kurzfristig Deine Lebenshaltungskosten zu decken ohne dabei auf ein Arbeitseinkommen angewiesen zu sein. Vor dem Hintergrund der finanziellen Unabhängigkeit heißt das, dass Du nicht 100% investiert sein solltest. Es ist wichtig, dass Du kurzfristige finanzielle Engpässe überbrücken kannst ohne dabei direkt Dein angespartes Vermögen verbrauchen oder einen Kredit aufnehmen zu müssen. Daher empfiehlt es sich das dreifache bis sechsfache Deiner monatlichen Lebenshaltungskosten als Cash auf dem Konto oder zumindest Tagesgeld griffbereit zu halten – eine eiserne Reserve für Notfälle.
Überschüsse langfristig renditeorientiert anlegen und Investor werden
Um finanziell unabhängig zu werden, solltest Du Deine monatlich generierten Überschüsse regelmäßig investieren (am besten in Form eines monatlichen Sparplans). Lasse das Geld nicht einfach auf dem Konto liegen und von der Inflation entwerten. Dabei sind folgende Anlagegüter für Dein langfristiges Portfolio zur Erreichung der finanziellen Unabhängigkeit denkbar:
- ETFs
- Sonstige Fonds
- Aktien
- Anleihen
- Edelmetalle
- Andere Anlageformen (Kryptowährungen, P2P-Kredite etc.)
Wir würden hier für eine Finanzielle-Unabhängigkeits-Strategie ein langfristiges ETF-Portfolio immer bevorzugen. Insbesondere Kryptowährungen, P2P-Kredite und andere alternative Anlageformen sollten bedingt durch das höhere Risiko wenn dann nur mit einem geringen Portfolioanteil beigemischt werden. Denn wir machen auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit keinen Sprint, sondern einen Marathon. Die Grundlagen des Portfoliomanagements haben wir in einem separaten Blogbeitrag erklärt und empfehlen daher diesen Beitrag im Anschluss zu lesen. Unser Modell der finanziellen Unabhängigkeit findest Du nachfolgend auch nochmal als vereinfachte konzeptionelle Abbildung:
Hürden auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit
Ein Leben verläuft nur selten gradlinig und es gibt einige Hürden auf dem Weg zur finanziellen Unabhängigkeit. Bei allem Optimismus und Hype rund um das Thema finanzielle Unabhängigkeit, wollen wir Dich hier auch auf die Fallstricke und Risiken vorbereiten.
Unrealistische Ziele und falsche Schätzung der Lebenshaltungskosten
Unrealistische Ziele führen dazu, dass Du diese in der Regel verfehlst. Daher führen zu ambitionierte Ziele auch zu Demotivation und können dazu beitragen, dass Du nicht an Deiner langfristigen Strategie festhältst oder einfach aufgibst. Deshalb empfehlen wir realistische Annahmen über Dein zukünftiges Einkommen und Deine Gehaltssteigerungen zu treffen. Sei hier lieber konservativer als zu aggressiv. Dies vermeidet Enttäuschung. Aber auch zu schwache Ziele gilt es zu vermeiden. Denn diese können Dich auch zu mehr Konsum verleiten und damit ausbremsen bei dem Ziel finanziell unabhängig zu werden. Bedenke zudem auch, dass nach dem Ausstieg aus dem 9-to-5-Job weiterhin gewisse zusätzliche fixe Ausgaben, wie etwa Krankenkassenbeiträge und Steuern hinzukommen können. Plane dies also zusätzlich zu den bisherigen Lebenshaltungskosten ein.
Vereinbarkeit mit Familienplanung und Partner
Die Vereinbarkeit vom Streben nach finanzieller Unabhängigkeit und Partnerschaft sowie Familienplanung ist ein kritischer Punkt. Denn laut statistischem Bundesamt (Stand 2018) kostet etwa ein Kind rund 165.000 EUR auf Basis der auf 18 Jahre hochgerechneten monatlichen durchschnittlichen Ausgaben von Paaren für ein Kind. Diese Kosten stellen aber nur die Unterkante der potentiellen Kosten vor staatlichen Leistungen (Kindergeld) da. Immerhin hört die Finanzierung des Kindes nicht unbedingt mit dem Erreichen des 18. Lebensjahres auf. Natürlich kostet die Familienplanung nicht nur Geld, sondern stiftet auch Lebensfreude und Energie. Das sollten wir hier nicht vergessen. Aber Dir sollte bewusst sein, dass Du, sofern Du eine Familie planst, auch mit diesen möglichen zusätzlichen Lebenshaltungskosten planen musst.
Daher sollte Dein Lebenspartner hier unbedingt Dein Ziel von der finanziellen Unabhängigkeit teilen. Andernfalls kann dieses Ziel zu finanziellen Konflikten in der Partnerschaft führen. Also mache in diesem Fall aus der finanziellen Unabhängigkeit ein partnerschaftliches Ziel. Dies kann eine Beziehung auch zusätzlich und nachhaltig stärken. Zudem kann die finanzielle Bildung an die Kinder weitergegeben werden.
Luxusausgaben vs. Belohnungen für Meilensteine
Finanziell unabhängig werden und gleichzeitig im Luxus leben? Ein klarer Zielkonflikt. Denn ein luxuriöses Leben widerspricht dem Ziel möglichst schnell finanziell unabhängig zu werden. Sparsamkeit ist ein Eckpfeiler, um die monatlichen Überschüsse und damit die Sparquote steigern zu können. Dennoch sei gesagt, dass es hier natürlich unterschiedliche Abstufung von Luxus gibt. Wir sprechen hier nicht von einem Abendessen mit Freunden oder einer einzelnen Reise. Es geht vielmehr um die Reduzierung der Luxusausgaben im Alltag. Hierzu zählen etwa ein teures Leasingfahrzeug oder eine überdimensionierte Wohnung. Dennoch ist es aus unserer Sicht aber zwingend notwendig, sich für persönliche wichtige Meilensteine im Leben trotz Sparsamkeit zu belohnen. Denn es geht bei finanzieller Unabhängigkeit nicht um Geiz. Ohne Belohnungssystem an einer langfristigen Strategie zum Erreichen der finanziellen Unabhängigkeit festzuhalten ist eher schwierig. Es geht auch hier letztendlich um die richtige Balance. Wie immer macht die Dosis das Gift. Etwas Luxus ist demnach sogar eher wünschenswert zur Stärkung der Langfristmotivation. Zu viel wird Dich aber davon abhalten Dein gesetztes Unabhängigkeitsziel schnellstmöglich zu erreichen.
Durststrecken: Notsituation, Krankheitsfälle und Schicksalsschläge
Bei allem Optimismus kann niemand von uns Notsituationen, Krankheitsfälle und Schicksalsschläge ausschließen. Dies gehört zu den allgemeinen Risiken des Lebens, die wir kaum oder gar nicht beeinflussen können. Neben dem oben genannten Notgroschen zum Abfedern von Risiken, bieten sich hier zusätzlich einkommens- oder existenzsichernde Versicherungen an, um die finanzielle Fallhöhe zu begrenzen. Als größtes finanzielles Risiko lässt sich hier vor allem die Gefahr der Berufsunfähigkeit nennen. Beim Versichern gilt hier aber vor dem Hintergrund der finanziellen Unabhängigkeit: So viele Versicherungen wie unbedingt nötig und so wenige wie möglich. Beschränke Dich wirklich auf existenzielle Versicherungen wie etwa die private Haftpflichtversicherung oder die Berufsunfähigkeitsversicherung. Sinnlose Sachversicherungen wie etwa Handy- oder Gepäckversicherungen sind aus unserer Sicht überteuert und damit Luxus.
Zusammenfassung und Diskussion des Konzepts der finanziellen Unabhängigkeit
Wir fassen kurz zusammen: Finanzielle Unabhängigkeit ist ein Lebenskonzept. Dabei ist das Ziel so viel Vermögen anzusparen, dass Du Deine Lebenshaltungskosten durch das passive Einkommen aus Deinem Investment-Portfolio langfristig decken kannst ohne dabei das ursprüngliche Kapital entnehmen zu müssen. Dazu ist es notwendig möglichst hohe monatliche Überschüsse zu generieren und regelmäßig langfristig renditeorientiert zu investieren (am besten mit ETFs). Ergänzend zu diesem Blogbeitrag kann es sich auch lohnen das Buch Rich Dad Poor Dad von Robert Kiyosaki zu lesen. Nach unserem Verständnis geht es bei finanzieller Unabhängigkeit aber nicht unbedingt darum den Job möglichst schnell zu kündigen – sondern lediglich um die Handlungsoption. Wahrer Reichtum ist demnach (finanziell bedingt) Optionen im Leben zu haben.
Motivatoren finanzieller Unabhängigkeit
- Steigerung von Selbstsicherheit und Meinungsstärke („Fuck-You-Money“ Effekt)
- Anstoß von Selbstreflektion im Bezug zu bewussterem Konsumverhalten
- Anstoß zu Steigerung des Arbeitseinkommens und passiven Einkommensquellen
- Schaffen von Handlungsoptionen
- Katalysator für Selbstverwirklichung (Vergleich mit Maslow)
Meilensteine finanzieller Unabhängigkeit
- Finanzielle Bildung fördern
- in das eigene Humankapital investieren
- Haushaltsbuch führen und Konsumverzicht (Sparsamkeit, kein Geiz)
- Notgroschen für finanzielle Engpässe halten
- Investor werden und Überschüsse langfristig am Kapitalmarkt investieren
- Weitere Einkommenssteigerungen erzielen
- Zeit (Langeweile ist hier etwas Positives)
Hürden finanzieller Unabhängigkeit
- Unrealistische Ziele (zu ambitioniert oder zu schwach)
- Falsche Einschätzung der eigenen Lebenshaltungskosten
- Keine Vereinbarkeit mit Partnerschaft oder Familienplanung
- Vermehrte Luxusausgaben anstatt höherer Sparquoten
- Fehlendes Belohnungssystem für erreichte Meilensteine
Diskussion des Konzepts finanzieller Unabhängigkeit
Jetzt bist Du dran: Bereichere diesen Beitrag und schreibe uns Deine persönlichen Meinung oder ein Feedback in die Kommentarsektion:
- Wie siehst Du das Konzept der finanziellen Unabhängigkeit?
- Was ist oder wäre Deine persönliche Motivation finanziell unabhängig zu werden?
- Wenn Du bereits an finanzieller Unabhängigkeit arbeitest: Welche Meilensteine hast Du bereits erreicht und welche Meilensteine sind für Dich wichtig?
6 Gedanken zu „Finanzielle Unabhängigkeit erreichen – Motivation und Meilensteine“
Hi, ich habe bisher nur die meisten englischsprachigen Fire Blogs gelesen und mich jetzt mal neugierig dafür interessiert, wie der deutsche Markt so aussieht. Ich bin über einen Punkt gestolpert, der mich immer sehr stört und würde gern deine Meinung dazu hören:
Warum den klassischen Notgroschen (3-6 Monatsgehälter bzw 3-6 Monate Fixkosten) auf einem Tagesgeldkonto anlegen, das null Rendite bringt? Warum sollte ich es nicht einfach in mein ETF Portfolio stecken und für mich arbeiten lassen? Sollte ich es dringend brauchen (und meist heißt „dringend“ ja dann nun nicht innerhalb von 12 Stunden – es gibt für alles Zahlungsfristen), dann verkaufe ich den benötigten Anteil an Shares und bekomme das Geld in 2 Tagen auf mein Konto.
Ja, so geht man „an das Ersparte“, aber sollte der Fall der Fälle nie eintreten, habe ich 30 Jahre lang einen hohen Betrag rumliegen, der durch Inflation entwertet wird und nie für mich arbeitet. Für mich ist das Stichwort eher „Liquidität“ und nicht „auf dem Konto verfügbar“. Also warum das Tagesgeldkonto?
Ich freue mich über deine Meinung!
Hallo Annika, zunächst freut es mich, dass du bei deiner Suche nach DE Blogs zum Thema FIRE über meinen Beitrag gestolpert bist. Deine Kritik zum „statischen Notgroschen“ als harte Zielgröße halte ich durchaus für berechtigt. Ich halte mich auch nicht sklavisch an diesen Maßstab. Denn mehr als eine Empfehlung kann der Notgroschen eben auch nicht sein. Aber wie immer „kommt es darauf an“.
Ich fühle mich persönlich beispielsweise sehr wohl damit fast vollständig investiert zu sein und kann im Zweifel einen kleinen Teil meines Portfolios liquidieren. Die negativen Realzinsen incentivieren dieses Verhalten ja nur noch mehr. Denn wie du es bereits geschrieben hast: Auf dem Tagesgeldkonto gibt es nichts mehr zu holen und auch die Anleihen rentieren nicht mehr. Hier wird die Kaufkraft im Zweifel nicht mal mehr erhalten.
Allerdings bin ich beim Thema Portfoliomanagement aber lieber in einer Kann-Situation als in einer Muss-Situation. Und das ist aus meiner Sicht auch die Frage, die sich jeder stellen sollte – immer wieder. Wenn du bei einem starken Kursrückgang oder sogar Crash noch cool bleiben und es aussitzen kannst, dann bin ich auch der Meinung, dass man durchaus mehr investieren kann. Wenn du dann aber gezwungen bist bei niederigen Kursen zu verkaufen, eher schwierig. Vor allem ist es für viele Investoren dann schwierig rational zu bleiben. Viele Investoren verstehen nicht, dass Verluste immer schwerer wiegen als Gewinne. Das kann sehr weh tun und zu Fehlern führen.
In jedem Fall kann ich deinem dynamischeren Ansatz und dem Stichwort „Liquidität“ viel abgewinnen. Ich sehe die beiden Ansätze aber gar nicht unbedingt als gegensätzlich. Vielmehr sehe ich deinen Einwand als eine Ergänzung. Der einfache statische Ansatz ist eben nur eine Richtgröße für weniger erfahrene Investoren.
Hi Marius,
danke für deine Antwort. Mag sein, dass ich als „Investor“ eher simpel gestrickt bin, aber ich kaufe ausschließlich Indexfonds und halte sie. (das klassische Buy-and-hold). Jedes Mal wenn Geld übrig ist, kaufe ich ein paar mehr Anteile. Ist der Kurs hoch, wird der Einkauf teurer (aber der Gesamtwert steigt), fällt der Kurs gerate, greift das Sprichwort „the stock market is on sale“. Ich glaub das nennt sich dollar-cost-averaging, letztendlich verteilt sich vermutlich nur die geldgewichtete Rendite gleichmäßiger, weil man zu unterschiedlichen Zeitpunkten investiert und eben nicht alles auf einmal. Ich vertraue darauf, dass sämtliche Schwankungen sich irgendwann wieder ausgleichen und der Markt insgesamt stetig wächst. Ich bin noch deutlich in der Ansparphase mit meinem Dreißig-und-ein-paar Jahren. Muss ich 5.000 € entnehmen, dann ist das Pech und wirft mich etwas zurück, aber die entgangene Rendite würde mir mehr weh tun. Ich kann mir vorstellen, dass ich später – wenn ich das Geld zur Altersvorsorge nutzen möchte – vielleicht den Anteil der Aktien reduziere, um etwas mehr Stabilität reinzubringen. Darüber mache ich mir dann aber in 25 Jahren Gedanken.
Hi Marius,
ich finde es gut, dass Du zwischen finanzieller Sicherheit, Unabhängigkeit und Freiheit unterscheidest. Viele denken immer nur, dass „gar nicht mehr arbeiten“ das Ziel sein muss. Ich für meinen Teil hoffe, dass ich möglichst lange in meinem Leben arbeiten kann. Mein Job macht Spaß und ich habe das Gefühl, dass ich andere damit unterstütze. Das möchte ich nicht aufgeben. Aber es ist schön zu wissen, nicht davon abhängig zu sein!
Ich möchte Deinen Beitrag noch um eine Erfahrung bereichern, die vielleicht dem einen oder anderen hilft, seine Ziele realistisch abzustecken: Dieser Weg ist KEINE kurzfristige Angelegenheit! Viele Mittzwanziger malen sich aus, dass sie mit 30 fertig sind… Das schaffen nur die aller wenigsten. Ich persönlich habe von 20 bis 27 erstmal viel lernen müssen (= habe viel „Lehrgeld“ bezahlt). Von 27 bis 32 kam dann der Familienzuwachs, der alles ändert. Die ganze Zeit hindurch habe ich weiter an meinen Zielen gearbeitet. Aber man ändert sein Werte-System… Und zwischen 32 und 36 habe ich erst meinen Weg gefunden. Erst in dieser Zeit habe ich das Gefühl entwickelt, dass ich ohne naiv zu sein, meine (jetzt realistischen) Ziele erreichen kann.
Das ist bei den meisten ein langer Prozess und viele geben unterwegs auf…
Hi André, vielen Dank für Dein Feedback und Deine persönliche Erfahrung.
Zum Thema Job-Exit als Antreiber: Genau das war mir auch wichtig nochmal deutlich zu machen. Es geht eben nicht zwingend darum möglichst schnell den Job zu kündigen. Wenn das der einzige Antreiber ist, wäre das eher sehr traurig. Warum sollte ich meinen Job auch kündigen wollen, wenn er mir viel Spaß macht? Daran wird auch finanzielle Unabhängigkeit oder Freiheit nichts ändern. Allerdings habe ich das Gefühl, dass das bei vielen anderen Artikeln rund um die diskutierten Themen immer im Vordergrund steht. Für mich ist der Wert von finanzieller Unabhängigkeit im Bezug zum Job, dass ich mich von einer Muss-Situation zu einer Kann-Situation bewege. Und ich bin viel lieber in einer Kann-Situation und habe Optionen.
Deine persönliche Erfahrung teile ich in jedem Fall. Die Lernkurve ist in den 20ern besonders groß. Man macht viele Fehler und es gibt viele Meilensteine in dieser Lebensphase. Und es ändert sich sehr viel. Wie sich beispielsweise Familienzuwachs auf das eigene Wertesystem auswirkt, kann ich persönlich noch nicht sagen. Daher an der Stelle Danke für den Input. Ich kann mir vorstellen, dass man als Elternteil viele Dinge und auch das Thema finanzielle Unabhängigkeit dann nochmal in einem anderen Licht sieht.